Digitalisierung im Gesundheitswesen: Was bedeutet E-Health für das deutsche Gesundheitssystem?

Die elektronische Patientenakte, Wearables und Apps zur Messung von Gesundheitsdaten, ärztliche Sprechstunden per Videochat – das sind nur einige Beispiele für Digitalisierungsmaßnahmen, die den Gesundheitsmarkt derzeit umkrempeln. Durch die Corona-Pandemie wurden Digitalisierungsprozesse schätzungsweise um zwei Jahre beschleunigt. IT-Sektoren im Gesundheitsmarkt wachsen außerdem mit durchschnittlich 6 % und damit wesentlich schneller als jeder andere Sektor im Gesundheitsmarkt.

Chancen und Herausforderungen

Digitale Technologien bieten neue Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten, erleichtern die Kommunikation zwischen Ärzten, Leistungserbringern und Patienten und machen Gesundheitsdaten besser messbar. Die Herausforderungen, vor denen das deutsche und fast alle Gesundheitssysteme der westlichen Welt stehen, darunter demografischer Wandel, Mangel an medizinischen Fachkräften und eine Kostenexplosion in der Gesundheitsversorgung, können mithilfe der Digitalisierung besser begegnet werden.

Risiken mit sicheren Infrastrukturen reduzieren

Basis aller digitalen Technologien sind aber die personenbezogenen (Gesundheits)Daten, welche zugleich einer der größten Risiken darstellen. Viele Deutsche fürchten etwa Datenmissbrauch, weshalb der Datenschutz in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung eine zentrale Rolle einnehmen muss. Um auf Bundesebene eine sichere, verlässliche und umfangreiche digitale Infrastruktur (TI) zu schaffen, hat die Bundesregierung die gematik mit dem Ausbau und der Steuerung beauftragt. Das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) hat dafür die Weichen gestellt. Weitere gesetzliche Maßnahmen sind das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) und das im Juni 2021 in Kraft getretene Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG).

Beispiel elektronische Patientenakte (ePA): Wie hilft sie konkret?

Zum 1. Januar 2021 wurde die elektronische Patientenakte (ePA) als digitaler Ort der Speicherung von relevanten Gesundheitsdaten in Deutschland eingeführt. Nach einer Testphase soll sie bald vollumfänglich allen Versicherten kostenlos und freiwillig zur Verfügung stehen. Bei gesetzlich Versicherten sind die vertragsärztlichen Leistungserbringer gesetzlich verpflichtet, die ePA zu befüllen. Daten in der ePA werden über sichere Telematik Infrastruktur übertragen und Patienten entscheiden, wer Zugriff auf die Daten hat. Die gespeicherten Daten umfassen u.a. elektronische Arztbriefe von Hausärzten und Fachärzten, Entlassbriefe aus Kliniken, Laborwerte und Röntgenbilder, der Notfalldatensatz, elektronische Medikationspläne. Ab dem 1. Januar 2022 kommen Mutterpass, Impfpass, Kinderuntersuchungsheft und Zahnbonusheft hinzu.

Die ePA ermöglicht es also, relevante Gesundheitsdaten in digitaler Form den Behandlern und Patienten einfacher und mobil zur Verfügung zu stellen. Benötigt ein Patient beispielsweise eine Facharztbehandlung, können fehlende Unterlagen bereits bei der Terminfindung erkannt und der Patient an einen anderen Facharzt überwiesen werden. Zwischen den Behandlungen durch verschiedene Fachärzte müssen außerdem keine Unterlagen mehr per Fax angefordert, sondern nur durch den Patienten in seiner ePA freigegeben werden. Insgesamt können so obsolete Termine und lange Wartezeiten in Arztpraxen vermieden werden, während die Qualität der Behandlung mit dem Fokus auf wichtige Termine gleichbleibt. Die effizienteren Prozesse ersparen nicht nur den Patienten Zeit und Aufwand, sondern entlasten auch Arztpraxen und Krankenkassen durch Kosteneinsparungen.

Stand der Digitalisierung in Deutschland

Im internationalen Vergleich ist Deutschland bei der Digitalisierung weit abgeschlagen. In Schweden, Dänemark und Estland verschicken Ärzte bereits seit Jahren elektronisch Rezepte an Patienten oder direkt an die Apotheke. In Großbritannien kooperiert der staatliche Gesundheitsdienst NHS mit Google, um mithilfe von Künstlicher Intelligenz Daten über Behandlungserfolge u.Ä. nutzbar zu machen. Einer Umfrage von pwc aus dem Jahr 2018 zufolge halten jedoch 61 % der Versicherten das deutsche Gesundheitssystem für gut aufgestellt bei digitalen Technologien. Deutschland steht hier also noch am Anfang einer spannenden Entwicklung.

Wie digitale Lösungen Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerung unterstützen können und welche Möglichkeiten es im Markt bereits gibt, zeigt die aktuelle S7-Studie Digitale Lösungen im Gesundheitsmarkt: Kosten runter, Umsatz hoch (August 2021).

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