Hörgerätemarkt Deutschland: Welchen Einfluss hat der technische Fortschritt auf den Erstattungsmarkt?

Hörverlust zählt zu den häufigsten Krankheiten in Deutschland. Etwa 19% aller Deutschen (13,3 Mio. Menschen) leiden an verminderter Hörfähigkeit, die Wahrscheinlichkeit zu erkranken steigt mit dem Alter. Aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland ist hier mit einer größer werdenden Anzahl an Betroffenen zu rechnen. Denn nur 5,4 Millionen Menschen haben diese Diagnose auch von einem Arzt stellen lassen und wiederum nur 3,7 Millionen tragen auch ein Hörgerät. So entstehen jährlich geschätzte 39 Milliarden Euro an sozialen Schäden. In den letzten Jahren ist die Bereitschaft zum Tragen einer Hörhilfe aber stark gestiegen, da Hörgeräte immer kleiner werden, mehr Zusatzfunktionen bieten und somit attraktiver werden.  

Neue Versorgungswege in einem konsolidierten Markt

In einem versorgerseitig überwiegend konsolidierten Markt sind neue Versorgungswege ein möglicher Ansatz für einen Markteintritt neuer Wettbewerber. Vor einigen Jahren wurde zum Beispiel der sogenannte verkürzte Versorgungsweg (der Arzt als beratender Akustiker) ins Spiel gebracht. Mit technologischem Fortschritt ergeben sich heute noch andere Möglichkeiten zur Versorgung mit Hörgeräten, die von Bluetooth-Konnektivität, Hörkontaktlinse bis Brennstoffzellentechnologie reichen. Im internationalen Vergleich gilt Deutschland als einer der wichtigsten Märkte für moderne Hörgeräteakustik. In Verbindung mit Digitalisierungsmaßnahmen des Gesundheitswesens wie dem E-Rezept kann es daher zukünftig möglich werden, die Versorgung komplett losgelöst von lokalen Filialen online anzubieten.

Änderung Marktdynamik im Sinne der Patient:innen

Soll eine weitere Option zur Versorgung in Form eines Online-Geschäftsmodells Realität werden, müssen zuerst alle beteiligten Marktakteure zu einer Einigung kommen. Diese sind der Gemeinsame Bundesausschuss, der die Gesetze und Richtlinien für Hilfsmittel bestimmt, die Bundesinnung für Hörakustiker, die die Interessen ihrer Mitglieder:innen vertritt, und die Krankenkassen, die die Versorgungen durch die Leistungserbringer erstatten. Jeder dieser Akteure hat unterschiedliche Interessen bezüglich der Weiterentwicklung des Marktes. Im Interesse der Patient:innen ist die größtmögliche Auswahl an guten, mehrkostenfreien Hörgeräten. Aktuell betragen die Mehrkosten noch durchschnittlich über 1.230 Euro bei 52% aller Hörgeräteträger. Mit effizienter gestalteten Versorgungswegen könnte dieses Problem allerdings gelöst werden.

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